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CNT-AIT Besancon

Gegen den Faschismus - Gegen die Verschlechterung unserer Lebensverhältnisse

NUR DER KAMPF MACHT SICH BEZAHLT!

Die Ergebnisse des ersten Durchgangs der Praesidentschaftswahlen haben ein wahrhaftiges politisches Erdbeben ausgeloest. Le Pen, ein Faschist und bekannt fuer seine rassistischen und antisemitischen Aeuszerungen, wird im zweiten Wahlgang praesent sein. Alle institutionellen Parteien sind fuer diese Lage verantwortlich:

- Seit Jahren spotten sie ueber die Hoffnungen der arbeitenden, arbeitslosen und angestellten Klasse.

- Sie fixierten den Wahlkampf auf den Aspekt "Sicherheit", was von den groszen Medien nur allzu bereitwillig aufgenommen wurde.

Die Regierungskoalition, die "plurale Linke", versucht, die NichtwaehlerInnen und WaehlerInnen der extremen Linken fuer ihre eigene Niederlage und die Praesenz eines Faschisten im zweiten Wahlgang verantwortlich zu machen. Aber die "plurale Linke" ist fuer dieses Debakel selbst verantwortlich: waehrend fuenf Jahren linker Regierung war und ist es noch immer die Politik des MEDEF (1), die durchgesetzt wird. Eine Politik, die die Lebensverhaeltnisse der Arbeitenden und Arbeitslosen verschlimmert hat (gesteigerte Flexibilitaet mit der 35-Stunden-Woche, ungesicherte/prekaere Beschaeftigung Jugendlicher mit dem PARE (2) ...).

LE PEN, DAS HEISST: FRANKREICH DEN UNTERNEHMERN!

Um die einfachen WaehlerInnen zu gewinnen, praesentiert sich Le Pen als "Mann des Volkes". Er sagt, er stuende "auf der Seite der Arbeiter" etc. Sein Programm aber sagt: Frankreich den Unternehmern! In seinem Buch "Fuer Frankreich" fordert Le Pen "eine absolute Freiheit der Entlassung" (S. 157), "die Liberalisierung der Vorschriften zur Arbeitszeit" (S. 156) und die der "Teilzeitarbeit, der Zeitarbeit ...". Kurz gesagt, was der FN (3) vorschlaegt ist noch mehr Flexibilitaet, noch mehr Unsicherheit/Prekaritaet und noch mehr Entlassungen! Und das alles, versteht sich, bei Elendsgehaeltern. Le Pen schlaegt des weiteren in seinem Buch vor: "die Festlegung des Lohnes zwischen Arbeitgeber und Arbeiternehmer" (S. 155). Das hiesse, die Abschaffung des SMIC (4) und der Kollektivvertraege, also eine individuelle Entlohnung und, ganz klar, eine allgemeine Senkung aller Gehaelter!

Bei einem solchen, arbeiterfeindlichen Programm zieht Le Pen natuerlich auch gegen die ureigene Waffe der Arbeitenden, das Streikrecht, zu Felde. In "Die Franzosen zuerst" bekundet er seinen Willen, das Streikrecht im privatwirtschaftlichen Bereich einzuschraenken und es den Angestellten im oeffentlichen Dienst gaenzlich zu versagen. Hier musz auch daran erinnert werden, dasz die Presse der extremen Rechten waehrend der Streikbewegung im November und Dezember 1995 die Streikenden verhoehnte und beleidigte.

Auch wenn es um soziale Absicherung geht, nimmt Le Pen in seinem Buch "Fuer Frankreich" kein Blatt vor den Mund und stellt das US-System als vorbildlich dar. In den USA sind 70.000.000 Menschen (das heiszt 25 Prozent der Bevoelkerung) in keinster Weise sozial abgesichert. Das Programm des FN, einer Partei, die die Errungenschaften der Arbeitenden angreift, ist das des Milliardaers Le Pen. Bekannt fuer seine Gewalt gegen ImmigrantInnen und seine Frauenverachtung (fuer den FN ist die Frau "von Natur aus" dem Mann unterlegen), greift der FN auch die gesamte Arbeiterklasse, alle Angestellten und Arbeitslosen, an.

CHIRAC, SCHUTZWALL DES HUMANISMUS ?

Wenn sich einer in Frankreich ueber diese Situation freuen kann, so ist es Chirac. Schlieszlich kann er mit den Stimmen all jener rechnen, die den Faschismus ablehnen. Es sei daran erinnert, dasz der selbe Chirac 1995 um die Stimmen des FN bettelte, damit er die Wahlen gewinnt. Mensch kann sich auch an 1991 erinnern, als Chirac mit seiner beruehmt gewordenen rassistischen und fremdenfeindlichen Aeuszerung ueber den "Laerm und den Geruch" der eingewanderten ArbeiterInnen auf sich aufmerksam machte. Und auf sozialer Ebene kennen wir die Politik Chiracs nur allzu gut: eine den Unternehmern gefuegige Politik, die sich gegen die Interessen der Angestellten und Arbeitslosen richtet.

DER SOZIALE KAMPF IST NOTWENDIG!

Wie sich die Ergebnisse des zweiten Wahlgangs auch gestalten moegen, gewiss ist, dasz wir kaum gekannte Angriffe auf unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen, auf unsere Errungenschaften und sogar auf unsere individuellen und kollektiven Freiheiten werden ertragen muessen.

Vor allem steht zu befuerchten, dasz faschistische und reaktionaere Tendenzen gestaerkt aus dem Wahlergebnis des FN hervorgehen. Rassistische und antisemitische Angriffe, Anti-IVG-Kommandos (5) gegen Kliniken und Krankenhaeuser, Gewalt gegen gewerkschaftliche und fortschrittliche Versammlungen ... ein jeder Gestank nimmt in der Kloake seinen Ausgang.

Angesichts der faschistischen Bedrohung koennen wir - Verhoehnte und Angestellte, Arbeitslose und prekaer Beschaeftigte - uns nicht hinter den Reaktionaer Chirac stellen. Unsere Hoffnung liegt auf der Strasze, in den Kaempfen, die wir fuehren koennen und muessen, und zwar ueberall, in den Betrieben wie in unseren Stadtvierteln.

Wir rufen dazu auf, an jeder antifaschistischen Demonstration und Versammlung teilzunehmen. Wir rufen auch dazu auf, sich in den Betrieben zusammen zu tun, um der Verschlechterung unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen entgegnen zu koennen. Selbstverstaendlich gegen die faschistische Bedrohung, aber auch gegen Entlassungen und ungesicherte Arbeitsplaetze ... fuer die Verteidigung unserer Bezuege und die Erhoehung des Gehaelter ... wir muessen alle zusammen kaempfen, ArbeiterInnen jeglicher Herkunft und jedweder Nationalitaet! Egal, ob wir franzoesisch oder immigriert sind, unsere Probleme sind die selben. Die RassistInnen wollen die Arbeitenden spalten und so die Macht der KapitalistInnen staerken - das alte roemische Prinzip: teile und herrsche.

DIE WELT MUSS GEAENDERT WERDEN!

ArbeiterInnen! Arbeitslose! Prekaere! Niemals konnten wir uns auf die politischen Fuehrer und andere "Gott gesandte" Maenner zur Verbesserung unserer Lebensumstaende verlassen. Die Praesenz eines Faschisten im zweiten Wahlgang zeigt, dasz die buergerliche "Demokratie" keinen Schutz vor der extremen Rechten bietet. Der Faschismus naehert sich der Macht und ergreift sie schlieszlich im Rahmen der Republik - in den 30er Jahren in Deutschland, in den 20ern in Italien, gestern in Oesterreich, in Belgien oder auch in Italien, heute in Frankreich. Der Faschismus - letztes Mittel des Kapitalismus - ist nur dadurch zu schlagen, dasz mensch ihm seine Antithese gegenueber stellt. Das ekelhafte Biest des Faschismus wurde bisher immer vom Kapitalismus hervorgebracht. Angesichts des Kapitalismus, der Faschismus, Krieg und Elend gebiert, koennen wir nur in unseren Kaempfen - ueber alle Grenzen hinweg - eine Alternative schaffen. Was wir vorschlagen ist eine andere Welt, eine andere Gesellschaft, basierend auf der direkten Verwaltung und Organisierung der Unternehmen und der Gesellschaft durch die Arbeitenden selbst. Die Kriege in allen Teilen der Welt, die faschistische Bedrohung in Frankreich, die gleich dem Elend steigenden Profite ... all das schreit nach einer unverzueglichen sozialen Revolution.

Anmerkungen:

1) MEDEF - Mouvement des Entreprises de France (Bewegung der Unternehmen Frankreichs): nationaler Dachverband der Unternehmer

2) PARE - Plan d'Aide au Retour à l'Emploi: teils repressives Regierungsprogramm zur Senkung der Arbeitslosigkeit, seit Juli 2001

3) FN - Front National: rechtsradikale Partei Le Pens

4) SMIC - Salaire Minimum Interprofessionel de Croissance: staatlich festegelgter, branchenuebergreifender Mindestlohn

5) IVG - Interruption Volontaire de Grossesse: Freiwilliger Schwangerschaftsabbruch


Originaltext von CNT-AIT vom 24.04.02, http://www.ainfos.ca/fr/ainfos02723.html

Übersetzung von Syndikat Bildung Leipzig (sy.bi.le)

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