„Die Internationale“
Untertitel: Zeitschrift für die
revolutionäre Arbeiterbewegung, Gesellschaftskritik und sozialistischen
Neuaufbau
Herausgeber: Freie Arbeiter-Union
Deutschlands (Anarcho-Syndikalisten) angeschlossen an die Internationale
Arbeiter-Assoziation (IAA)
Erscheinungsort: Berlin
Erscheinungszeitraum: 1927 bis 1934
Erscheinungsrhythmus: monatlich
Auflage: 1.500 (März 1931)
Seitenzahl: 24
Vorgänger: „Die Internationale“,
Herausgegeben vom Sekretariat der IAA
Nachfolger: „Die Internationale“, unter
dem Tarntitel: „Esst deutsche Früchte“
Verlag:
1928: Verlag „Der Syndikalist“, Warschauer
Strasse 62, Berlin
1929: ASY-Verlag, Warschauer Strasse 62, Berlin
1930: ASY-Verlag, Warschauer Strasse 62, Berlin
1931: Verlag „Der Syndikalist“, Märkisches Ufer
20, Berlin
1932: Verlag „Der Syndikalist“, Märkisches Ufer
20, Berlin
1933: Verlag „Der Syndikalist“, Märkisches Ufer
20, Berlin
Druck:
1928: Maurer & Dimmick, Köpenicker Strasse
36/38, Berlin
1929: Maurer & Dimmick, Köpenicker Strasse
36/38, Berlin
1930: Maurer & Dimmick, Köpenicker Strasse
36/38, Berlin
Sachmann & Stohl, Seestrasse 126,
Berlin-Friedrichshagen
1931: Sachmann & Stohl, Seestrasse 126,
Berlin-Friedrichshagen
A. Janiszewski GmbH, Elisabethufer 29, Berlin
1932: A. Janiszewski GmbH, Elisabethufer 29,
Berlin
1933: Georg Eichler, Rungestrasse 18, Berlin
Redaktion:
1928: Augustin Souchy
1929: Augustin Souchy
Helmut Rüdiger
1930: Helmut Rüdiger
1931: Helmut Rüdiger
1932: Helmut Rüdiger
1933: Gerhard Wartenberg
Beiträge von:
Rudolf Rocker, Fritz Linow, Augustin Souchy,
Helmut Rüdiger, Georg Hepp, Heinrich Drewes, Berthold Cahn, Fritz Dettmer,
Karl Roche, Oskar Grünwald, Reinhold Busch, Gerhard Wartenberg („H.W.
Gerhard“), Fritz Oerter, Hans Beckmann (Deutschland), Max Nettlau
(Österreich), E.C. Carbo, V. Orobon-Fernandez (Spanien), Christian
Cornelissen, Pierre Besnard, Lucien Huart (Frankreich), A. Giovanetti, S.
Alebrando, Armando Borghi (Italien), William Mainwaring (England), Albert
Jensen, A.V. Johanson (Schweden), Einar Skaalbone (Norwegen), J.J. Ipsen,
Gustav Sjöström (Dänemark), B. de Ligt, Arthur Müller-Lehning, Albert de
Jong (Holland), Diego Abad de Santillan (Argentinien), M. Acharya (Indien),
Alexander Berkman, Alexander Schapiro, Mark Mratschny (Russland),
Sekretariat der Panamerikanischen Arbeiterassoziation, CNT-E, u.a.
Rubriken: Zur Diskussion, Chronik
wichtiger Ereignisse, Bücherecke, Fremdwörterverzeichnis, Notiz der
Redaktion.
Inhalt: „Russland und der Sozialismus“,
„Von der Organisation zur Assoziation“, „Minderheiten im Sozialismus und das
Rätesystem“, „Nochmals zum Gegenstand: Nie wieder Diktatur“, „Errico
Malatesta“, „Zwischen Autorität und Freiheit“, „Ältere und neuere Arbeiten
über Bakunin“, „Fernand Pelloutiers Platz in der Entwicklung des
Syndikalismus“, „Michael Bakunin und der Syndikalismus“ (Max Nettlau), „Die
Gefahren der nationalen Ideologie für den Befreiungskampf des Proletariats“,
„Das Blutbad am 1. Mai“, „Der Einfluß der Wirtschaft und des Machtprinzips
in der modernen Geschichte“, „Georg Wilhelm Friedrich Hegel“ (Rudolf
Rocker), „Über die Rolle der Akkumulation in der heutigen Gesellschaft“,
„Das Problem der Ausbeutung“, „Kritische Bemerkungen über die
Freiland-Freigeld-Lehre“, „Gesetzmäßigkeiten in der Wirtschaft“, „Regelung
der künftigen Wirtschaft“, „Die ökonomischen Ursachen der Arbeitslosigkeit“
(Fritz Dettmer), „Agrarentwicklung und Genossenschaft“ (Hans Beckmann),
„Mussolini über den Faschismus“, „Die Offensive des Kapitalismus und die
Aufgaben der Arbeiterklasse“, „Die Probleme der Planwirtschaft im Lichte des
Anarcho-Syndikalismus“, „Kampf dem Marxismus!“, „Gewerkschaftliche
Interessenvertretung und Arbeitsgerichtsbarkeit“, „Haftung der
Gewerkschaften bei Streiks“ (Fritz Linow), „Die FAUD (A.-S.) als
Minderheitenbewegung“ (Reinhold Busch), „Kultur und Proletariat“, „Die
materialistische Weltanschauung und die Arbeiterbewegung“ (Fritz Oerter),
„Das Problem der Grundrente“, „Ermüdung durch Berufsarbeit“, „Konstruktiver
Sozialismus“, „Der Arbeitslohn“ (Christian Cornelissen), „Der Syndikalismus
und die Kollektivverträge“, „Stellung der IAA zu den Gewerkschaftskämpfen
der Gegenwart“, „Aufstieg oder Niedergang des Syndikalismus“ (Augustin
Souchy), „Klassenkampf und Werkgemeinschaft“ (Helmut Rüdiger), „Josef
Dietzgen und seine Philosophie“ (Berthold Cahn), „Die Befreiung der
Gesellschaft vom Staat, Was ist kommunistischer Anarchismus?“ (Erich
Mühsam), „Das Agrarproblem“ (O. Zickler), „Unser Weg zwischen Reformismus
und leeren Revolutionsphrasen“, „Marx als Metaphysiker“, „Nach den
Reichstagswahlen/Was nun?“, „Über Bausparkassen“, „Stalin und der
Fünfjahresplan“ (Gerhard Wartenberg), „Die Entwicklung der revolutionären
syndikalistischen Arbeiterbewegung Deutschlands in der Kriegs- und
Nachkriegszeit“ (Gerhard Aigte), „Absatzkrise-Lohnpolitik-Erwerbslosigkeit“
(Karl Roche), „Anmerkungen zu den ‚Kritischen Bemerkungen über die
Freiland-Freigeld-Lehre“ (J. Glemser), „Peter Kropotkin, die
Arbeiterbewegung und die Internationale Organisierung der Arbeiter“, „Die
Politik der Internationale“, „Antimilitaristische Propaganda“ (Alexander
Schapiro) „Anarcho-Syndikalistische Hilfstätigkeit in Russland“
(Unterstützungsfond der IAA), „Die Arbeiterbewegung in Spanien (CNT-E), „Der
Feind steht im eigenen Land! Zum Problem der Verteidigung Chinas (L.P. Lesac),
„Gandhi und der Krieg“, (B. de Ligt), „Die Lage in Italien“ (S. Alibrando),
„Die Reaktion in Estland“ (A.V. Johanson), „Fünfundzwanzig Jahre Krieg dem
Kriege“ (Albert de Jong), „Parlamentarismus und direkte Aktion“ (Albert
Jensen), „Die Wirtschaftskrise des Kapitalismus“ (A. Giovanetti), „Die
politische Lage in Spanien“ (V. Orobon-Fernandez), „Die Zentralorganisation
der schwedischen Arbeiter (SAC) und ihre Arbeitsmethoden“ (John Andersson),
„Trusts und Demokratie“, „Der Antimilitarismus in Indien“ (M. Acharya), „Die
Genossenschaftsbewegung in Dänemark“ (J.J. Ipsen), „Zehn Jahre faschistische
Herrschaft in Italien“ (Armando Borghi), u.a.
Protokoll des III. Kongresses der
Internationalen Arbeiter-Assoziation
Richtlinien für eine Föderation der Landarbeiter
und verwandten Berufsgruppen im Rahmen der FAUD (AS)
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Geschichte:
Die „Internationale“ erschien als Theorieorgan
zunächst der IAA, dann ab 1927 der FAUD in den Jahren 1924 bis 1935 in
mehreren Folgen zumeist als Monatszeitung mit einer Auflage von mehreren
tausend Exemplaren. Im Zentrum standen analytische Artikel zum Weltgeschehen
und syndikalistischer wie anarchistischer Theorie. Hier schrieb nahezu
alles, was in der anarcho-syndikalistischen Arbeiterbewegung international
einen guten Namen hatte. Für Deutschland kristallisierten sich Spezialisten
in Fragen der Ökonomie (Fritz Dettmer), des Arbeitsrechts (Fritz Linow) und
der Analyse des Faschismus (Gerhard Wartenberg) heraus. In der ersten
Ausgabe vom November 1927 hieß es zum Geleit: „Die Aufgabe dieser Revue soll
darin bestehen, die Fragen der revolutionären Arbeiterbewegung gründlich zu
behandeln, die Erscheinungen des modernen Kapitalismus zu beleuchten, die
Entwicklungsrichtungen der heutigen Wirtschaftsordnung in ihrem Verhältnis
zum Befreiungskampf des Proletariats zu betrachten. Kritik an dem
politischen System der Gegenwart zu üben, die reaktionären Erscheinungen auf
allen Gebieten des sozialen Lebens zu bekämpfen. Darüber hinaus sollen
Berichte über die internationale Arbeiterbewegung im allgemeinen und über
den internationalen Syndikalismus im besonderen gegeben werden. Allen neu
auftauchenden Fragen und Versuchen zur Lösung des sozialen Problems soll
gebührende Aufmerksamkeit gezollt werden. Auch sozialistisches Neuland
wollen wir betreten. Die deutsche Arbeiterbewegung ist zwar mächtig in die
Breite, aber nicht genügend in die Tiefe gegangen. Die sozialistischen Ideen
sind verflacht und haben in den politischen Parteien und Gewerkschaften
nicht ihre geeigneten Träger. Der Sozialismus, den die breiten
Arbeitermassen noch vor wenigen Jahren in greifbarer Nähe glaubten, hat sich
für die lebende Generation zum entschwundenen Idol verflüchtet. An die
Stelle des Kampfes für die Endziele der sozialen Bewegung ist der Kampf ums
nackte Leben, ums tägliche Brot getreten. Doch auch dieser Kampf wird nicht
in der rechten Weise geführt. Die ‚berufenen’ Organisationen und ‚bewährten’
Führer wollten die Arbeiter von Sieg zu Sieg führen, tatsächlich ging es
bergab; von einer Niederlage zur andern. Der Achtstundentag und das
Mitbestimmungsrecht der Arbeiter im Produktionsprozeß durch Betriebsräte
ging verloren, die Löhne wurden herabgesetzt, die Lebenshaltung sank auf der
ganzen Linie, und die Arbeitslosigkeit schlug tiefe Wunden in den Leib des
Proletariats. Daß auf parlamentarischem Wege durch Beeinflussung der
Gesetzgebung nichts zu erreichen ist, zeigt sich täglich immer deutlicher.
Lohnpolitik durch gesetzlich sanktionierte Tarifverträge, staatliche
Schlichtungsbehörden und verbindliche Schiedssprüche haben sich als
schicksalsschwer für das Proletariat erwiesen. Das Vertrauen in die eigene
Kraft ist in den Reihen der Arbeiterschaft schwer erschüttert. Es muß wieder
erweckt werden. Der Syndikalismus ist noch unverbraucht, seine Ideale
besitzen noch Anziehungskraft, seine Kampfesmittel der direkten Aktion sind
von den breiten Arbeitermassen Deutschlands noch nicht bewusst erprobt.
Nicht der Staat hilft dem Proletariat, der Arbeitsmann muß sich selber
helfen. Je intensiver der Entwicklungsprozeß des Selbstbewusstseins im
modernen Proletarier fortschreitet, je weniger die Mittlerschaft des Staates
und der Behörden in Anspruch genommen wird, umso rascher wird die Erkenntnis
reifen, dass Eigenhandlung Freiheit schafft. Die Staatsgläubigkeit bei
Sozialdemokraten wie Kommunisten, bei Zentralgewerkschaftern und allen
autoritären Richtungen ist unser ärgster Feind; sie hat die Arbeiterbewegung
auf den Hund gebracht, ihr sei in diesen Heften harte Fehde angesagt. Die
Staatsgläubigkeit war und ist auch das größte Hindernis für die Entwicklung
der sozialistischen Aufbaupläne. Wo schon eine Gesellschaftsorganisation
vorhanden ist, die in die neue, sozialistische Weltordnung mit übernommen
werden soll, dort braucht man keine neuen Pläne, keine Ideen über die
Neugestaltung. Aus diesem Grunde ist der Staatssozialismus, sind alle
marxistischen Richtungen, die heute parlamentarische Opposition treiben und
morgen parlamentarisch regieren werden, so unsagbar arm an sozialistischen
Neuwerten. Hier liegt auch der tiefere Grund des Misslingens der deutschen
Revolution. Und auch die Zukunft bringt nur die Früchte, die in der
Gegenwart gesät werden. Wenn morgen eine neue Revolution ausbricht, dann muß
das Proletariat darauf vorbereitet sein. Es muß Betriebe leiten, den Bedarf
feststellen, den Konsum regeln, die Gemeinde verwalten, die Produktion in
die Hände nehmen können. Das alles muß heute schon ins Auge gefasst werden.
Das neue Leben muß außerhalb des Staates geschaffen und heute vorbereitet
werden. Es gibt aber zurzeit keine Bewegung, die für sich allein so mächtig
und vielgestaltig zugleich ist, dass sie allen Aufgaben gerecht werden
könnte. Deshalb wird es erforderlich sein, daß die sozialrevolutionäre
Arbeiterschaft sich auf allen Gebieten des sozialen Lebens Erfahrungen holt.
Eine Zusammenfassung aller sozialistischen werktätigen Kräfte auf dem Boden
der direkten Aktion wird sich am Tage der sozialen Revolution erforderlich
machen. Und dazu wollen wir hier vorbereitend wirksam sein. Die
Rationalisierung der Wirtschaft und die internationale Vertrustung des
Kapitalismus zeigen uns eine neue Entwicklungsstufe der heutigen
Gesellschaftsordnung. Die Arbeiterbewegung muß dieser Neuentwicklung geistig
und organisatorisch gewachsen sein. Sie muß national und vor allem auch
international neue Wege suchen, um den neuen Ausbeutungsmethoden wirksamen
Widerstand entgegensetzen zu können. Den vertikalen und horizontalen
Erweiterungen des kapitalistischen Betriebes muß eine vertikale und
horizontale Streik- und Boykottaktik entgegengestellt werden. Die wundesten
Stellen des Kapitalismus müssen ausfindig gemacht und der Kampf an denselben
eingesetzt werden. Bis heute bewegen sich die Arbeiterorganisationen immer
noch auf den alten ausgetretenen Pfaden. Der Kampf der englischen
Bergarbeiter ging verloren, weil noch keine neue internationale
Kampfestaktik angewandt wurde. Die Hilfe der Arbeiterschaft aller Länder
darf nicht in internationalen Geldsammlungen, sondern sie muß in
internationalen Kampfesaktionen bestehen. Diese Methoden sind noch
auszuarbeiten und sollen hier behandelt werden. Der Aufgabenkreis, den wir
dieser Zeitschrift stellen, ist groß. Wir sind deshalb überzeugt, dass die
Zeitschrift ihre Leser finden wird. Der revolutionäre Syndikalismus ist noch
eine Minderheitsbewegung. Von seiner Entwicklung und seinem Fortschritt
hängen der Sieg und die Zukunft der Arbeiterbewegung ab. Er ist die
Wiedergeburt des Sozialismus. In dieser Zeitschrift, die in Erfüllung eines
Auftrages des XVI. Kongresses der Freien Arbeiter-Union Deutschlands
herausgegeben wird, werden sich die Gesamtprobleme der modernen
sozialistischen Bewegung im Inland und Ausland widerspiegeln.“
Mit dem 18. Kongress der FAUD von 1930 wurde beschlossen, dass jeder
FAUD-Ortsverein obligatorisch zwei Exemplare der „Internationale“ abonnieren
müsse.
Die Begründung lautete: „Da unser theoretisches Diskussionsorgan ‚Die
Internationale’ im Reiche noch immer eine solch geringe Beachtung findet,
dass sie einen monatlichen Zuschuß von ca. 70 Mark erfordert, und darum auch
die Gefahr besteht, dass sie wieder eingehen muß, beschließt der
Reichskongreß, jede einzelne Ortsgruppe zu verpflichten, mindestens zwei
Exemplare der ‚Internationale’ obligatorisch zu beziehen. Darüber hinaus ist
den Gruppen eine rege systematische Werbung von Abonnenten für die
‚Internationale’ zu empfehlen.“
Zugleich verfasste die Redaktion der „Internationale“ zusammen mit der
FAUD-Geschäftskommission einen Aufruf folgenden Inhaltes, welcher einen
tiefen Eindruck vermittelt vom Sinn und der Finanzierung der Zeitschrift:
„In dieser Zeit furchtbarster wirtschaftlicher Depression ist es mehr denn
je unsere Aufgabe, die Ideen des freiheitlichen Sozialismus in die Massen zu
tragen. Hin und her pendelnd zwischen hemmungslosem sozialdemokratischen
Reformismus und hysterischem politischen Geschrei der Kommunistischen
Partei, scheint die Arbeiterschaft in Deutschland jeden gesunden Instinkt
für ihre Interessen, jedes klare Denken über den Weg zum Kampfe um den
internationalen Sozialismus verloren zu haben. Diese Situation bedeutet für
uns, dass wir unsere agitatorischen Kräfte vervielfachen müssen. Wir stehen
in der revolutionären Propaganda, erheben die Stimme unserer Kritik und
werfen unsere Kampflosungen in die Massen. Versammlungen werden abgehalten.
Agitatoren in alle Teile des Landes geschickt, Propaganda von Mund zu Mund
wird getrieben und durch eine aktuelle Wochenzeitung versucht, die
freiheitlichen Ideen umzuschmieden zu Parolen für den täglichen Kampf des
Proletariats. Die „Internationale“ hat sich die Aufgabe gestellt, im
Gegenwartskampfe der freiheitlichen Bewegung eine notwendige Mission zu
erfüllen. Man hat mit Recht gesagt, dass es ohne revolutionäre Theorie keine
revolutionäre Praxis geben kann. Revolutionäre Theorie ist aber nicht zu
verwechseln mit bloßer Bibelanbetung: Die theoretischen Grundlagen des
freiheitlichen Sozialismus, durch Proudhon, Bakunin, Kropotkin und andere
formuliert, bedürfen der ständigen Weiterbildung. Es kann nicht genügen, im
Sinne einmal formulierter Theorien nur noch aktuelle Tagesparolen
aufzustellen. Die ganze Propaganda muß getragen sein von ständiger
theoretischer Forschungsarbeit, die die alten Quellen lebendig erhalten und
fruchtbar machen muß. Es muß ferner theoretische Polemik ausgefochten
werden, die in öffentlichen Versammlungen und in einer für die
Öffentlichkeit bestimmten Zeitung keinen Platz hat. Deshalb ist die
‚Internationale’ eine dringende Notwendigkeit. Die ‚Internationale’ aber
ringt schwer um ihre Existenz. Jede Nummer fordert ein finanzielles Opfer
der Gesamtbewegung. Die „Internationale“ – das ist für eine revolutionäre
Zeitschrift an sich keine Schande – trägt sich nicht. Diese Belastung aber
kann der Bewegung nicht mehr zugemutet werden, am wenigsten in einer Zeit,
in der sie als Ganzes gegen den wirtschaftlichen Niedergang schwer
anzukämpfen hat. Es hat sich darum aus einer Anzahl Genossen im Lande ein
vorläufiges Komitee gebildet, dessen Mitglieder jeden Monat einen festen
Beitrag zahlen, um das Defizit der ‚Internationale’, deren Weitererscheinen
sie für unbedingt notwendig halten, zu decken. Wir rufen hierdurch auf,
diesem Stützungskomitee beizutreten. Auf keinen Fall natürlich sollen
Organisationen als solche mit Abgaben belastet werden. Die Organisationen
haben an ihren organisatorischen Verpflichtungen genügend zu tragen. Es kann
sich daher lediglich um eine Hilfsaktion einzelner in Arbeit stehender
Genossen handeln. Der Zuschuß der Aprilnummer der ‚Internationale’ wird
erstmalig von den zu diesem Zwecke bereits gemeldeten Genossen getragen. Für
die Eingänge erfolgt öffentliche Quittierung. Treten dem Stützungskomitee
später noch mehr Genossen bei, so kann die erforderliche Summe in um so
kleinere Teile geteilt und können größere Beiträge, die uns garantiert
worden sind, herabgesetzt werden. Das Ganze aber darf nur eine
Zwischenlösung sein. In den nächsten Monaten muß die Auflage der
‚Internationale’ so gesteigert werden, dass diese sich selbst trägt. Das muß
möglich sein. Tritt das nicht ein, so kann die Zeitschrift nicht gehalten
werden. Es ergeht deshalb der Ruf an alle, die Verantwortungsgefühl
gegenüber den großen Ideen des freiheitlichen Sozialismus besitzen: Die
‚Internationale’ ist in Not. Sie kann und muß gerettet werden. Auf die Dauer
kann es unmöglich wenigen opfermutigen einzelnen zugemutet werden, die
Zeitschrift zu halten. Wir appellieren deshalb an alle Leser und Freunde,
einzuspringen und dahin zu wirken, dass die theoretische Monatszeitschrift
des revolutionären Syndikalismus erhalten bleiben kann. Werbt Abonnenten!“
Vom 18. Kongress der FAUD im Jahre 1930 wurde beschlossen, die
Geschäftskommission damit zu beauftragen, „mit dem Verlag des ‚Fanal’ in
Verbindung zu treten zwecks Verschmelzung desselben mit der ‚Internationale’
unter der Bezeichnung, ‚Fanal’, internationale Revue für Anarchismus und
Syndikalismus.“
„Fanal“ war das Organ der „Anarchistischen Vereinigung“, herausgegeben von
Erich Mühsam, welcher freundschaftliche Verbindungen zur FAUD und zu Rudolf
Rocker hatte, 1933 noch der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft beitrat.
Verbot
In einer
Verfügung vom 17. Oktober 1932 verbot der Berliner Polizeipräsident das
Erscheinen der „Internationale“ bis zum 13. April 1933, und zwar „auf Grund
des § 13 des Gesetzes zum Schutz der Republik vom 25. März 1930 (RGBl. S.
91) in Verbindung mit §§ 81-86 StGB“. Das meinte die „Vorbereitung zum
Hochverrat“. „Die Verbotsdauer, mit Rücksicht auf die Gemeingefährlichkeit
der Ausführungen, ist angemessen“, so lautete die Begründung. Das Verbot
umfasse „auch jede angeblich neue Druckschrift, die sich sachlich als die
alte darstellt oder als ihr Ersatz anzusehen ist.“
Rudolf Rocker resümierte: „Im Jahre 1927 schuf sich die FAUD eine
ausgezeichnete Monatsschrift, Die Internationale, die sich ausschließlich
mit theoretischen Fragen und dem geschichtlichen Werdegang der Bewegung
beschäftigte. (…) Die Zeitschrift brachte in jeder Nummer eine Chronik der
wichtigsten Zeitereignisse und wertvolle Berichte über den Stand der
Bewegung in den verschiedenen Ländern. Zu ihren regelmäßigen Mitarbeitern
gehörten nicht nur alle theoretisch begabten Genossen in Deutschland und Max
Nettlau in Österreich, sondern auch eine stattliche Anzahl namhafter
Vertreter unserer Anschauungen im Ausland. (…) Nach der Unterdrückung
unserer Bewegung in Deutschland erschien die Internationale von 1934 an in
Amsterdam.“
Standorte: IISG-Amsterdam, IML-Berlin, SBPK-Berlin, ISB-Bochum,
FES-Bonn, SUUB-Bremen, UB-Duisburg, SUB-Frankfurt, USB-Köln, CIRA-Lausanne,
DB-Leipzig, SML-Leipzig, UB-Mannheim, SB-Marburg, ULB-Münster, UB-Siegen,
WLB-Stuttgart
Wert für
Syndikalismusforschung: Eine der wichtigsten Quellen zur Geschichte des
internationalen Syndikalismus.
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