„Junge Anarchisten“
Untertitel: Organ der
Syndikalistisch-Anarchistischen Jugend Deutschlands
Herausgeber:
Syndikalistisch-Anarchistische Jugend Deutschlands (SAJD)
Erscheinungsort: s.u.
Weitere Daten siehe im Text zur Geschichte
Rubriken: „RIST Mitteilungen“
(Reichsinformations-Stelle), „Vereinskalender“, „Blick in die Bücherwelt“,
„Anzeigen“, „Aus der Bewegung“ „Von unseren Gegnern“
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Geschichte: Von Oktober 1923 bis 1931
erschien als offizielles Nachfolgeorgan der nicht zur SAJD gehörigen
Zeitschrift „Flammenzeichen“ die „Junge Anarchisten“.
Zunächst jedoch lies diese aufgrund mangelnder Zahlungen der SAJD-Gruppen
auf sich warten. Bis zur ersten Ausgabe sollte daher als „Ersatz“, beginnend
mit dem 01. Oktober 1922, ein Mitteilungsblatt („Junge Rebellen“)
herausgegeben werden, und die Reichs-Informations-Stelle der SAJD erklärte:
„Wir müssen zu diesem Hilfsmittel greifen, da durch die ins Ungemessene
gesteigerten Preise der Druck unserer Zeitung ‚Junge Anarchisten’ ohne die
nötige Unterstützung aus dem Reiche unmöglich geworden ist.“ Im Rheinland
überbrückte die Jugend die Zeit bis zum Erscheinen dieser eigenen Zeitung
mit einer „Jugendbeilage“ in „Die Schöpfung“, dem „Sozialrevolutionären
Organ für das sozialistische Neuland“. Darin enthalten sind auch das erste
und das zweite „Rundschreiben an alle syndikalistisch-anarchistischen
Jugendgruppen Deutschlands“.
Auflagen
Sowohl „Die junge Menschheit“ als auch „Junge
Anarchisten“ waren die Hauptorgane der SAJD. Nur dass letzteres nicht
dieselbe Auflage erreichte. Der Schnitt lag zwischen 2.000 (1928) und 4.000
Exemplaren,
ab Mai 1927 wurden 3.000 Exemplare gedruckt.
Bisweilen erreichte sie 5.000-6.000 Auflage, und in einer Ausgabe mit
antimilitaristischem Schwerpunkt im Juli 1926 sogar 15.000.
Angestrebt wurden im Regelfall 8.000.
Die „Junge Anarchisten“ führten nach Einschätzung der politischen Polizei
eine „außergewöhnlich radikale Sprache“.
Einem Bericht auf dem 7. Reichskongress der SAJD Ende 1928 ist ein Rückgang
der Auflagenzahl zu entnehmen: „Durchschnittlich wurden von jeder Nummer nur
2.000 Stück gedruckt und von diesen nur 70 % abgerechnet.“
„Junge Anarchisten“ erschienen nicht durchgehend, jedoch angestrebt
monatlich mit in der Regel acht Seiten.
Aus den Richtlinien
In den Richtlinien der SAJD aus dem Jahre 1928
wurde über „Junge Anarchisten“ folgendes gesagt: „Das Organ der SAJD ist
‚Junge Anarchisten’ und wird von der RISt. [Reichs-Informations-Stelle]
herausgegeben. Der Inhalt der ‚Jungen Anarchisten’ ist im Sinne der
Prinzipien der Reichsföderation zu halten. Alle Angelegenheiten, welche auf
die Bewegung Bezug haben, sind in den ‚Jungen Anarchisten’ den Gruppen
bekanntzugeben. Der Bezug der ‚Jungen Anarchisten’ ist für alle Mitglieder
der SAJD obligatorisch und erfolgt durch die Gruppen bzw. Föderationen. Der
Preis für die Zeitung ist von der RISt. zu bestimmen. Die ‚Jungen
Anarchisten’ sind finanziell selbständig zu erhalten. Um diese
Selbständigkeit zu gewährleisten, besteht ein Pressefonds, dem die RISt.
alle Überschüsse aus dem Vertrieb der ‚Jungen Anarchisten’ zufließen lässt.
Die Ortsgruppen und Föderationen sind verpflichtet, die bezogene Anzahl von
Exemplaren monatlich an die RISt. abzurechnen.
Gestaltung und Themen
Inhaltlich standen die Ausgaben und Aufmacher
ganz im Zeichen des Antimilitarismus und des traditionellen Gedenkens,
beispielsweise zu Bakunin, Sacco/Vanzetti oder zum 1. Mai. Daneben finden
sich zentrale Beiträge zur Position und zum Sinn der
syndikalistisch-anarchistischen Jugendbewegung und -organisation: „Warum muß
eine Jugendbewegung sein?“, „Zum Jugendproblem. Jugendbewegung oder
Jugendpflege?“, die Thematisierung der Schulfrage: „Staatserziehung und
revolutionäre Jugendbewegung“, „Die ‚Freie Schule’. Die ersten Versuche.
(Paul Robin, Francisco Ferrer)“, Beiträge zur Arbeitswelt: „Die Maschine“
und Protokolle der Jugendtreffen auf regionaler, reichs- und internationaler
Ebene.
Die Ausgaben waren bebildert und mit Gedichten
(oft John Henry Mackay) und Aphorismen (Danton, Peter Kropotkin, Michael
Bakunin, Gustav Landauer, Rosa Luxemburg, Henri Barbusse, oder J.G Seume)
versehen. Auf der letzten Seite gab es Büchertipps und Rezensionen,
welche den
aufklärerisch-kulturbetonenden und zugleich kämpferischen Charakter von
Zeitung und Bewegung deutlich werden lassen: U.a. zu
Paul Albrecht:
„Freiheit der Liebe“ und „Geschlechtsnot der Jugend“; Ludwig Bergfeld:
„Seliges Verstehen. Das Erkenntnisproblem des Jungmädchens“; Alexander
Berkman: „Die Tat. Gefängniserinnerungen eines Anarchisten“; Handrik de Man:
„Zur Psychologie des Sozialismus“; Julius Goldberg: „Satirisches
Taschen-Lexikon“; Rudolf Großmann: „Die Irrlehre und Wissenschaftslosigkeit
des Marxismus im Bereich des Sozialismus“; Magnus Hirschfeld:
„Geschlechtskunde“; Max Hodann: „Bub und Mädel“; Kurt Kläber: „Barrikaden an
der Ruhr“, „Empörer! Empor!“; Erich Mühsam: „Revolution. Marsch-, Kampf- und
Spottlieder“; Max Nettlau: „Der Anarchismus von Proudhon zu Kropotkin, seine
historische Entwicklung in den Jahren 1859-1880“; Karl Roche:
„Arbeiterjugend und natürliche Ordnung“; Rudolf Rocker: „Die
Rationalisierung der Wirtschaft und die Arbeiterklasse“, „Vom anderen Ufer“;
Alfons Schöne: „Nacktkörperkultur“; Felix Sernau: „Das Fiasko der
Monogamie“; Felix Theilhaber: „Beiträge zum Sexualproblem“, „Die menschliche
Liebe“; Heinrich Wandt: „Das Justizverbrechen des Reichsgerichts an dem
Verfasser der Etappe Gent“.
Die relativ
hohe Relevanz der Sexualaufklärung wurde so begründet: „Kein anderes
Lebensgebiet ist so von Unwissenheit, grobem Aberglauben und unmenschlichen
Vorurteilen umgeben, wie das Geschlechtsleben des Menschen; auf keinen wirkt
sich solche Unkenntnis und grundfalsche Einstellung auch so verheerend für
Gesundheit und Menschenglück aus wie hier. Sexualwissenschaftliche Belehrung
ist aber dringend von Nöten.“
Daneben gab es die Rubrik „Aus der
Bewegung“, wo aus dem gesamten Reichsgebiet über die Aktivitäten der SAJD
berichtet wurde, und Ernst Friedrich bekam gar eine eigene Rubrik: „Von
unseren Gegnern“.
Gemäß der Tendenz zur verstärkten Berichterstattung aus der Arbeitswelt
wurde zusätzlich die Rubrik „Aus den Betrieben“ eingerichtet. Hinzu kamen am
Schluß die Mitteilungen einzelner Ortsvereine, der Redaktion und der
Reichs-Informations-Stelle (besonders häufig Warnungen über Betrüger
innerhalb der Bewegung), sowie das Impressum.
Die Schreiber
Die Beiträge kamen zumeist von den Protagonisten
der (späteren Erwachsenen-) Bewegung: Paul Albrecht (Berlin, Redakteur),
Reinhold Busch (Redakteur), Karl Gültig (Offenbach), Georg Hepp
(Frankfurt/M., Redakteur), Fritz und Lisa Linow (alle Berlin), Helmut
Rüdiger. Eine Tatsache, deren Schattenseiten durchaus gesehen wurden.
Innerhalb von zwei Jahren ist die Zeitung mangels Mitarbeit und wohl auch
Lebendigkeit der Organisation nur 10 Mal erschienen, wie 1929 selbstkritisch
festgestellt wurde: „Auch die Frage der Mitarbeit war oftmals peinlich. Es
mangelt immer noch an geistiger Mitwirkung aus der Bewegung selbst heraus;
die Zeitung, die wie nichts anderes sonst mit ihrer Werbekraft die Bewegung
stützen und fördern könnte, muß temperamentvoller werden, sie muß die
Außenstehenden, an die sie gelangt, interessieren, muß für das Proletariat
entscheidende Tagesfragen und Ereignisse der Politik, des Wirtschaftslebens
und Gewerkschaftskampfes behandeln, aber zugleich auch zu den großen Kultur-
und Erziehungsfragen Stellung nehmen.“
Als Sonderling der Bewegung schrieb Herbert Wehner. Dieser stand dem
Syndikalismus ablehnend gegenüber. Er hing einem ausgeprägten Fatalismus an,
seine Wendung zum autoritären Funktionär in der kommunistischen Organisation
überrascht zudem aufgrund seiner analytisch scharfen, jedoch wenig
konstruktiven Beiträge kaum.
Redaktion
Die Redaktionsarbeit beschrieb Georg Hepp so:
„Die Struktur der Redaktion von ‚Junge Anarchisten’ dürfte wohl überall die
gleiche gewesen sein. Sie war denkbar einfach und bestand aus einem
Einmannbetrieb. Der Redakteur übte die Tätigkeit nebenberuflich und
ehrenamtlich aus. Alle Redakteure von ‚Junge Anarchisten’, die ich
kennengelernt habe, waren junge Arbeiter, die in der Regel nur die
Volksschule besucht hatten und die, so gut sie eben konnten, die Zeitung
machten…Sie werden merken, dass die Zeitung keine journalistische
Glanzleistung war. Da kein Redaktionsstab vorhanden war, hatte der Redakteur
alleine die Auswahl der Artikel zu treffen. Die Artikel wurden überwiegend
von jungen Arbeitern geschrieben. Wir hatten damals so gut wie keine
Intellektuellen oder Studenten in unseren Reihen. (…) Die FAUD hatte
keinerlei Einfluß auf die Zeitung, zumal die Zeitung auch finanziell auf
eigenen Füßen stand.“
Die Redaktion wechselte über die Jahre zwischen verschiedenen Gruppen in
unterschiedlichen Städten: Dresden, Leipzig, Berlin, Offenbach, Bautzen und
Erfurt. Im folgenden sind die Daten zu den Instanzen der Zeitschrift
wiedergegeben:
1923: Verantwortlich: Johannes Stein,
Leipzig, Druck und Expedition: Willy Ermer, Hohenzollernstrasse 7,
Dresden-Löbtau, Kassierer: Willy Heßberg, Leipzig
1924: Herausgeber und Verleger: Walter
Kaps, Ueckermünder Strasse 11, Berlin,
Schriftleiter: Paul Albrecht, Wadzeckstrasse 4, Berlin, Druck: A. Wurche,
Frankfurter Allee 304, Berlin
1925: Herausgeber und Schriftleiter: Paul
Albrecht, Wadzeckstraße 4, Berlin, Druck: A. Wurche, Frankfurter Allee 304,
Berlin
1925/26: Herausgeber: Reinhold Busch,
Schönleinstrasse 9, Berlin, Druck: Maurer & Dimmick, Buchdruckerei
Senftleben und Druckerei Fährmann, Berlin
1926: Redaktion: Erich Büchner,
Baumerstrasse 3, Erfurt
1927: Herausgeber: Otto Klemm,
Moltkestrasse 56, Offenbach, Druck Peuvag/J. Wartenberg, Frankfurt/M.
1928: Herausgeber und Schriftleiter: Otto
Klemm, Moltkestrasse 56, Offenbach; Druck: M.G. Fuchs, Feldstrasse 125,
Offenbach
1929: Verantwortlich: Walter Schuster,
Fleischergasse 23, Bautzen, Druck: Heinrich Gillner, Mindenerstrasse 17,
Düsseldorf
1930: Verantwortlich: Walter Schuster,
Fleischergasse 23 Bautzen, Druck: Heinrich Gillner, Mindenerstrasse 17,
Düsseldorf, Verlag Richard Tiede, Emil-Schubertstrasse 8, Leipzig
1931: Herausgeber: Erich Schmidt, Am
gelben Gut 65, Erfurt
Verlag
Neben der Zeitung wurden Broschen und Abzeichen
des Symbols des zerbrochenen Gewehres,
sowie Postkarten (Antimilitarismus, Gustav Landauer, Johann Most),
herausgegeben. Die Portraitpostkarte zum 20. Todestag von Johann Most
erregte dabei im März 1926 die Aufmerksamkeit und das Verbot durch die
Postbehörde („von der Beförderung ausgeschlossen“). Die Angaben auf der
Rückseite der Karte stellten, so die Post, „eine Verhöhnung der christlichen
Religion“ dar. Diese lautete: „Gott ist nur ein von raffinierten Schwindlern
erfundenes Gespenst, vermittels dessen die Menschen bisher in Angst gehalten
und tyrannisiert wurden.“ Die Jugend drückte ihre Verwunderung über diese
Maßnahme aus mit den Worten: „Es muß doch immerhin traurig aussehen bei den
Wolkenschiebern und Himmelsbewohnern, dass sie schon republikanische
Behörden als Sachwalter engagieren.“
Folgende Schriften erschienen im Verlag:
1922: Domela Nieuwenhuis: „Freiheit in
der Erziehung“
1922/23?: Tolstoi: „Rede gegen den Krieg“
1926: Paul Albrecht: Geschlechtsnot der
Jugend“
1932: „Mit uns zum Freiheitskampf!“
(„Verlag: Reichsinformationsstelle der SAJD“)
Folgende Schriften sollten im Verlag erscheinen:
1923: Michael Bakunin: Worte an die
Jugend
1928: SAJD-Düsseldorf „Proletarisches
Kampf-, Wander- und Reigen-Liederbuch“
1929: SAJD: Kampfliederbuch
Den Verlag führten:
1922: Alfred Dressel, Hildegardstrasse
52, Leipzig
1923: Wilhelm Heßberg, Hoferstrasse 92, Leipzig
1925: Hans Strempel, Wilhelminenhofstrasse 47, Berlin-Oberschöneweide
1926: Hans Strempel, Blankenfeldestrasse 6, Berlin-Oberschöneweide
1926 (März): Otto Schmidt, Am gelben Gut 65, Erfurt
1927: Theo Müller, Senefelderstrasse 149,
Offenbach
1928: Heinrich Kurent, Austrasse 19,
Offenbach, ab Mai/Theo
Müller, Senefelderstrasse 149, Offanbach
Entwicklung
Sie seien zu wenig betriebsbezogen, so lautete
die Kritik von Genossen. Tatsächlich findet sich überproportional
Außerbetriebliches, und der Schöngeisterei in form schwülstiger Gedichte und
epischen Selbstzeugnissen wurde in der Tat viel Platz eingeräumt. Besonders
deutlich wird dies aus der zeitlichen Distanz heraus. Der Informationswert
tendierte in vielen Ausgaben gegen Null, es wurde viel Gefühl vermittelt,
aber wenige Fakten, das gilt besonders für „Die junge Menschheit“. Doch
analog zur Festigung der syndikalistisch-anarchistischen Jugendbewegung in
der SAJD machte auch das Erscheinungsbild Veränderungen durch: Die von
Romantik und Nacktkultur geprägten Zeichnungen in den Organen wurden ersetzt
durch die Darstellung des Arbeitsalltages, beispielsweise in Form von
rauchenden Fabriktürmen: „Aus dem jugendlich inspirierten Titelbild, sich
frei und nackt gebärdende jungen Männer und Frauen in heroischen Posen,
fahnenschwingend der Zukunft in Gestalt eines befreiten Landes zugewandt,
über dem die Sonne aufgeht und den jugendstilartig-verkünstelten Schriftzug
‚Junge Anarchisten’ illuminiert, wandte sich in der ersten Hälfte des Jahres
1926 das Erscheinungsbild ins Radikale. Geprägt von der ‚Kampfkultur’ gegen
Nationalismus, Faschismus und Militarismus prangte am Zeitungskopf ein Paar
anarchistischer Arbeiter, das entschlossener Miene und mit Hammer und Fackel
mit schwarzer Flamme in der Hand, zielstrebig dem (nicht sichtbaren)
Klassenfeind entgegenstürmt. Im Hintergrund sieht man rauchende
Fabrikschlote und darüber den dynamisierten Schriftzug.“
Zurück ging der Beschluß zur äußeren Veränderung auf einen Kongressantrag
der SAJD Dresden, welcher lautete: „Es ist wichtig, dass schon durch die
äußere Ausgestaltung unsere Zeitung werbend wirkt. Deshalb ist es zu
verwerfen, dass die ‚Jungen Anarchisten’ mit einem Kopfe erscheinen, der an
eine bürgerlich-kitschige Gartenlaube erinnert. Wir müssen weiter eindringen
in die Arbeiterschaft und haben daher Wert darauf zu legen, nicht als
Wandervögel angesehen zu werden.“
Die Stuttgarter SAJD sekundierte ihrerseits: „Der jetzige
bürgerlich-kitschige Titelkopf des J.A. muß verschwinden. Wir sind keine
nackten Engel und machen auch keine Klimmzüge an Sonne und Mond.“
Analog zum äußeren Erscheinungsbild richtete sich die Jugendpresse auch
inhaltlich mehr an den Arbeitsverhältnissen und dortigen Tagesfragen aus,
was auf einen Kongressantrag der SAJD-Stuttgart zurückging, in welchem es
lautete: „(…) Der ganze Inhalt der J.A. muß im Geiste schärfsten
Klassenkampfes gehalten sein. Ohne Wandervogelromantik und ohne
künstlerisch-literarische Verwässerung muß in Wort und Schrift das Gesicht
der herrschenden Klasse rücksichtslos enthüllt werden.“
Zu den Themen gehörten fortan verstärkt tarifliche Bezahlungen und
Arbeitssicherheit. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Gegnerschaft zum
geplanten Arbeitsdienstpflichtgesetz. Klassenkampf stand nun im Vordergrund.
“Die ‘Jungen Anarchisten’ sollen, so die Ansicht des 4. Reichskongresses der
SAJD im Jahre 1925, weiter ausgebaut werden, damit es ein Kampforgan für
17-19jährige Proleten in den Betrieben wird“
Repression
Die Staatsgewalt wurde schon früh auf die
„Jungen Anarchisten“ aufmerksam. Aufgrund einer Verbotsverfügung vom
Dezember 1923 wurde „auch die Herstellung und Verbreitung der Zeitschrift
‚Junge Anarchisten’ untersagt (…)“. Es gelang „Dresdner und Leipziger
Kameraden trotz mancher Widerstände, die Herausgabe der Zeitung zu sichern.
Dort, wo unsere Organisationen aufgelöst wurden oder infolge der äußeren
Einflüsse innerlich zerfielen, erstehen aus den Ruinen schon wieder die
ersten Mauern, die es zu festen Bollwerken des herrschaftslosen Sozialismus
auszudehnen gilt“.
Im Jahre 1925 schließlich sollte gegen den Schriftleiter Paul Albrecht vor
dem Staatsgerichtshof Leipzig ein „Hochverratsprozeß“ angestrengt werden.
Inkriminiert und polizeilich entwendet wurden die Ausgaben Nr. 1, sowie 4/5
des zweiten Jahrganges mittels der §§ 86, 81, 73 StGB und § 8 Ziffer 1 des
Republikschutzgesetzes.
Eine allgemeine Amnestie bewahrte Albrecht vor einer Strafe. Das Verfahren
gegen ihn wurde 1926 eingestellt.
Er trat als Schriftleiter zurück, offiziell, um sich seinen Aufgaben als
Referent besser widmen zu können. Tatsächlich werden die laufenden
Ermittlungen den Ausschlag gegeben haben.
Der „Syndikalist“ titelte: „Die ‚Jungen Anarchisten’ in Gefahr!“ und führte
aus: „Anfang Februar dieses Jahres wurde gegen den verantwortlichen
Schriftleiter der ‚Jg. An.’ ein Hochverratsverfahren eingeleitet. Jetzt
bekam der Genosse P. Albrecht den Bescheid, dass die Voruntersuchung
abgeschlossen ist. In absehbarer Zeit wird der Prozeß vor dem
Staatsgerichtshof in Leipzig ausgetragen werden. Gleichzeitig erhielten wir
die Mitteilung vom Landgerichtsdirektor Vogt, dass die Nummern 1 bis 4-5 des
2. Jahrganges beschlagnahmt seien. Angeblich soll der Inhalt dieser Nummern
gegen die §§86, 81, 73 des StGB und § 5, Ziffer 1 des
Republik-Schutzgesetzes verstoßen. In dieser Beschlagnahme ist eine bewusste
Maßnahme zur absoluten Unterdrückung unseres Jugendorganes zu erblicken.
Nummer 6, die augenblicklich noch im Druck ist, wird sicher das gleiche
Schicksal erleiden, denn unter den bisher verbotenen Nummern sind, selbst im
juristischen Sinne, absolut harmlose, auf die die angegebenen ‚Verbrechen’
auf keinen Fall zutreffend sind. Die Rist. wendet sich in dieser ernsten
Situation an alle Ortsgruppen im Reiche mit der ernsten Bitte, alles zu tun,
um die Rist. materiell zu stützen, damit wir, allen Unterdrückungsmaßnahmen
der Staatsgewalt zum Trotz, unsere mahnende Freiheitsstimme weiter ertönen
lassen können. Die Rist. der SAJD“
Verkäufer der „Jungen Anarchisten“ in Ludwigshafen bemühten eigens das
Oberlandesgericht in München zur Revision einer richterlichen Entscheidung
auf Geldbuße. Ihr „Vergehen“ bestand darin, ohne Erlaubnisschein mit dem
Verkauf der Zeitung vor dem örtlichen Arbeitsamt im März 1929 gegen die
Gewerbeordnung verstoßen zu haben. Dafür gabs zunächst einen Strafbefehl,
dann folgte der vorläufige Richterentscheid auf unterster Instanz. Der
Freispruch erfolgte knapp ein Jahr später im Januar 1930. Dem endgültigen
Urteil lag die Tatsache zugrunde, dass der kostendeckende Verkauf der
Zeitung kein Gewerbe darstelle. Die Bedeutung und der Wert für die Bewegung
lagen nicht in der Abwendung des Bußgeldes von 5 Mark, sondern darin
begründet, dass sich Verkäufer in ähnlichen Rechtsfällen auf dieses Urteil
hätten berufen können.
Als „Junge Anarchisten“ im Jahre 1931 eingestellt wurde, erschienen noch
kurzlebige lokale Zeitungen, dann erfolgte im Zuge des herannahenden
Faschismus die Umstellung auf die Illegalität.
Standorte: IISG-Amsterdam, IML-Berlin, ISB-Bochum, SLB-Dresden,
DB-Leipzig, SML-Leipzig
Wert für
Syndikalismusforschung: Elementar zur Jugendforschung, aber auch zur
Gesamtbewegung
„Junge Anarchisten“ erschienen ab Februar 1929 wieder monatlich, vgl.:
„Der Syndikalist“, Nr. 4/1929.
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