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Helge Döhring: Rezensionen zu literarischen Veröffentlichungen

Wolfgang A. Nacken: „auf' m flur"
Die Flamme der Liebe und des Aufstandes

Der Verrat von Mile End

Füchse der Ramblas

 

Oliver Steinke: Füchse der Ramblas, Historischer Roman
Verlag Edition AV, 183 S., 14 Euro, ISBN 3-936049-46-7

Es ist der lange Arm der Revolution, der diesen Roman durchzieht, über 40 Jahre bis in die 70er Jahre hinein. Was wurde aus den Menschen, die in Spanien nicht nur Francos Militärputsch abwehrten, sondern darüber hinaus eine soziale Revolution entfachten, wie sie die Menschheit bis dahin nicht erlebt hatte? Im Barcelona zur Mitte des letzten Jahrhunderts gibt es in diesem Roman neben denjenigen, die sich im intimen Privatleben ein bisschen Glück erhoffen auch solche, die unterschiedliche Wege des Widerstandes gegen das Franco-Regime gehen. Eingebettet wird dieser gesellschaftliche Zustand des Verharrens („Er lag ja bereits im Grab seiner Arbeit und Ehe“) in den historischen Kontext des Dualismus von klerikalfaschistischen Diktaturen und revolutionärem Aufbegehren in jenen Jahrzehnten. Zeitliche Übergänge, Rückblenden wie Sprünge, werden so treffend vorgenommen, dass sich hier den Leserinnen und Lesern die komplexen Verlaufsmechanismen der Revolution erschließen können. Von ihrer jahrzehntelangen Vorbereitung über die Barrikadenkämpfe des 19. Juli (ohne Pfaffenmitleid dargestellt!), des Verrats der CNT-Führung an der Bewegung, der kommunistischen Putsche innerhalb der revolutionären Bewegung und deren militärisches Ende durch den Einzug der Franco-Truppen in Barcelona 1939 werden im Verlaufe des Romans alle Stationen mittels exquisiter Fakten beschrieben.

Die Charaktere des Romans gewinnen mittels gekonnter Rückblenden allmählich an Schärfe, und wir dürfen gespannt sein, als was sie sich letztendlich offenbaren werden, zumal es sich in der Hauptsache um Polizisten handelt, die damit beauftragt sind, die Widerstandskämpfer zu fassen. Mit einem derjenigen haben sie dabei ihre liebe Mühe, nämlich mit dem aus dem Exil nach Barcelona zurückgekehrten Francisco Sabate, dem es in der Tat immer wieder gelungen ist, die Hoffnung vieler innerlich emigrierter oder vorsichtig Widerstand leistender Regimegegner über Jahrzehnte wachzuhalten. Und dies mit teils spektakulären Aktionen, wie sie Steinke anschaulich beschreibt und damit wie auch insgesamt dazu beiträgt, dass dieses wichtige Kapitel spanischer Geschichte und ihrer Protagonisten nicht in Vergessenheit gerät. Die Rahmenhandlungen gelingen dem Autoren sogar so gut, dass die eigentliche Handlung (der Mord an einer Prostituierten und dessen Aufklärung) davor verblasst und einfach gestrickt wirkt. Hierbei ist von Seiten der handelnden Romanfiguren jener Idealismus im Spiel, der uns heute zwar fremd erscheinen mag, aber dort die Grundlage für die Spanische Revolution bot.

Insgesamt verknüpft der Autor die Hauptpersonen so geschickt sowohl mit der Story als auch mit den historischen Rahmenhandlungen, dass der Roman ein einheitliches Ganzes ergibt. Das Ende sowohl der Story als auch des gesamten Romans fällt dann anschaulich dynamisch aus. Dieser in angenehm flüssigen Stil gehaltene historische Roman ist zudem mit einer Zeittafel versehen, die uns die historische Orientierung erleichtert.

Helge Döhring in Direkte Aktion, Nr. 172, November/Dezember 2005

 

 

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